In diametralem Gegensatz zur „Übertragungsbeziehung“ betonte Carl Rogers bereits um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts die Bedeutung der „realen Beziehung“ zwischen den Therapiepartnern bzw. -partnerinnen. Er legte seinem Ansatz zugrunde, dass beide als Person zueinander in Beziehung treten.
Rogers betonte als wichtigste Wirkvariablen im therapeutischen Prozess zwischen Therapeut und Klient:
die reale Beziehung »person to person«
und die reale Begegnung »Gencounter«.
Mit der Bezeichnung als „Person“ wurden in der abendländischen Philosophiegeschichte ein Menschenbild und eine Anthropologie entwickelt, die den Menschen gleichrangig und dialektisch in seiner Individualität und Selbstständigkeit wie in seiner Relationalität und Beziehungsangewiesenheit zu verstehen suchen.
Die Beziehung von Person zu Person wird dabei als Begegnung verstanden, d. h. als unmittelbares Geschehen auf personaler Ebene, das auf bestimmten ethischen, anthropologischen und erkenntnistheoretischen Voraussetzungen beruht.
Carl Rogers hat, in dieser Tradition des abendländischen Personbegriffs stehend, ein revolutionäres Paradigma in der Psychotherapie und Beratung entwickelt, das für den Therapeuten bzw. die Therapeutin eine besondere Herausforderung darstellt, weil es ihn bzw. sie selbst als Person in das therapeutische Geschehen unmittelbar, d. h. ohne vorgefasste Mittel, Methoden und Techniken, einbezieht. Bei Rogers dient die Beziehung nicht nur dem psychotherapeutischen Geschehen (womit sie wiederum instrumentalisiert würde), die Beziehung ist vielmehr selbst die Therapie. Psychotherapie und die erfolgreiche Bearbeitung tiefgreifender Probleme ist demnach ein Vorgang, dem nicht nur eine Persönlichkeitsentwicklung des Klienten bzw. der Klientin zugrunde liegt, sondern welches auch eine entsprechende Entwicklung der Person des Therapeuten bzw. der Therapeutin erfordert.